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Mittwoch, April 30, 2025
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Cannabis am Steuer – Bayerns Innenminister warnt vor steigendem Unfallrisiko

Seit der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland gibt es kontroverse Diskussionen über dessen Einfluss auf den Straßenverkehr. In Bayern wurden im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr 27 Prozent mehr Autofahrer unter Drogeneinfluss erwischt, die meisten davon mit Cannabis im Blut. Zudem stieg die Zahl der Verkehrsunfälle mit Drogenbeteiligung um knapp fünf Prozent.

Verzerrte Darstellung der Fakten

In der Sendung Kontrovers des Bayerischen Rundfunks wurde das Thema diskutiert. Die Sendung stellte die Frage: „Ist der Joint am Steuer bald wieder strafbar?“ Doch diese Fragestellung ist irreführend, da Fahren unter Cannabiseinfluss ohnehin bereits verboten ist.

Ein Beispiel aus der Sendung ist der „Wochenendkiffer“ Andrea di Bella, der mit einem Verdampfer und einer Waage kontrolliert, wie viel THC er konsumiert. Er betont die beruhigende Wirkung von Cannabis, weiß aber, dass seine Reaktionsfähigkeit dadurch beeinträchtigt sein kann. Dennoch möchte er wieder Auto fahren, da der gesetzliche THC-Grenzwert nun bei 3,5 ng/ml Blutserum liegt. Experten hatten diesen Grenzwert empfohlen, da erste Leistungseinbußen ab dieser Konzentration messbar sind, ein signifikantes Unfallrisiko jedoch erst ab 7 ng/ml angenommen wird.

Steigende Unfallzahlen – Aber warum?

Die Zahlen aus sieben Bundesländern zeigen einen Anstieg der Unfälle unter Drogeneinfluss, in fünf davon wird explizit Cannabis als Ursache genannt. Allerdings meldet Rheinland-Pfalz einen Rückgang solcher Unfälle. Besonders auffällig ist Bayern, wo 27 Prozent mehr Verstöße gegen das Drogengesetz im Straßenverkehr festgestellt wurden – und 50 Prozent der erwischten Fahrer Cannabis konsumiert hatten.

Ein wichtiger Faktor hierbei: Die Anzahl der Verkehrskontrollen wurde in Bayern seit der Teillegalisierung drastisch erhöht. Mehr Kontrollen führen zwangsläufig zu mehr festgestellten Verstößen.

Die Zahlen im Vergleich

Die hohe Prozentzahl von 27 Prozent mehr Fahrern unter Drogeneinfluss wirkt dramatisch, doch die absoluten Zahlen relativieren das Bild:

  • 381.063 Verkehrsunfälle insgesamt
  • 717 davon unter Drogeneinfluss – nur 32 mehr als im Vorjahr
  • Rund 7.000 weniger Unfälle insgesamt als im Vorjahr
  • 100.000 mehr zugelassene Autos
  • 200 weniger Schwerverletzte
  • 4 weniger Verkehrstote

Zum Vergleich: In ganz Deutschland gab es 37.172 alkoholbedingte Verkehrsunfälle. Rechnet man Bayern mit seinen 16 % der deutschen Bevölkerung ein, ergibt sich eine geschätzte Zahl von rund 6.000 Unfällen durch Alkoholeinfluss – ein Vielfaches der drogenbedingten Unfälle.

Ohne genaue Daten darüber, wie oft auf Cannabis getestet wird, bleiben diese Zahlen wenig aussagekräftig. Es ist möglich, dass nicht mehr Fahrer unter Cannabiseinfluss unterwegs sind als zuvor, sondern dass einfach häufiger getestet wird.

Probleme mit der Gesetzgebung und der Praxis

Die Kontrollen stellen nicht nur Konsumenten, sondern auch Behörden vor Herausforderungen. Während Alkoholtests schnell und unkompliziert durchführbar sind, erfordert die Feststellung von THC aufwendigere Verfahren. In der Praxis heißt das: Erst Speichel- oder Urintests, dann ein Bluttest, der oft erst Tage später Ergebnisse liefert. In dieser Zeit bleibt unklar, ob tatsächlich eine Fahruntüchtigkeit vorlag.

Deshalb fordert die Gewerkschaft der Polizei eine Rücknahme der Cannabislegalisierung. Sie kritisiert, dass durch lange Untersuchungszeiten Straftaten oft erst spät festgestellt werden und das Verfahren insgesamt unpraktikabel sei.

Der Fall Jannik – Exzessiver Konsum und die Konsequenzen

Ein drastisches Beispiel ist der Fall von „Jannik“, der mit 60 ng/ml THC im Blut beim Autofahren erwischt wurde. Sein Führerschein wurde eingezogen, und er muss nun eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) durchlaufen, um seine Fahreignung nachzuweisen – Kostenpunkt: rund 3.000 Euro. Früher konsumierte er täglich vier Gramm Cannabis und fuhr trotzdem Auto, ein Verhalten, das er mittlerweile als hochriskant einstuft.

Seit der Teillegalisierung hat die Anzahl der MPUs wegen Cannabis am Steuer abgenommen, da Ersttäter häufig mit einer Geldstrafe und Punkten in Flensburg davonkommen.

Innenminister Herrmann bleibt bei seiner harten Linie

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zeigt sich wenig kompromissbereit. Er bleibt bei seiner grundsätzlichen Ablehnung der Cannabislegalisierung und sieht eine klare Gefahr für den Straßenverkehr:

„Was wir aktuell beobachten, ist, dass viele Cannabiskonsumenten ihre Fahreignung unterschätzen. Die Zahl der Fahrer unter Cannabiseinfluss ist deutlich gestiegen, weil mehr konsumiert wird und die Leute meinen, sie könnten noch ans Steuer.“

Ob sich die Rechtslage wieder verschärfen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Debatte über Cannabis im Straßenverkehr ist noch lange nicht beendet.

Benjamin
Benjamin
Benjamin beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Cannabis in all seinen Facetten. Die aktuellen Entwicklungen zur Entkriminalisierung beobachtet er mit einer Mischung aus Sorge und Bewunderung. Dabei ist es ihm wichtig, das Thema aus einer neutralen Perspektive zu betrachten – ohne es zu verteufeln oder unkritisch gutzuheißen. Er strebt danach, einen allumfassenden Blick auf die verschiedenen Aspekte des Themas zu werfen und unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten.

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