Seit dem Inkrafttreten des neuen Cannabis-Gesetzes auf Bundesebene ist in Deutschland vieles in Bewegung geraten. Während viele Bundesländer die Teillegalisierung aktiv umsetzen, fällt Bayern durch eine besonders strikte Auslegung der Regelungen auf. Das sorgt nicht nur bei Konsumentinnen und Konsumenten für Verunsicherung, sondern wirft auch rechtliche und gesellschaftliche Fragen auf.
Einheitliches Bundesgesetz – uneinheitliche Umsetzung
Am 1. April 2024 trat das neue Cannabis-Gesetz in Kraft, das Besitz und Konsum in bestimmten Grenzen entkriminalisiert und unter anderem Anbauvereinigungen legalisiert. Das Ziel: Entlastung der Strafverfolgung, bessere Kontrolle des Cannabiskonsums und eine Gleichbehandlung in ganz Deutschland.
Doch in der Praxis zeigt sich ein anderes Bild: Besonders Bayern geht deutlich restriktiver mit den neuen Regeln um als viele andere Bundesländer. Der Eindruck entsteht, dass der Freistaat das Gesetz zwar formal anerkennt, inhaltlich aber weitgehend ignoriert oder gegensteuert.
Strenge Kontrollen und kaum Anbaulizenzen
Während andernorts bereits erste Anbauvereinigungen gegründet wurden und Pilotprojekte anlaufen, zeigt sich Bayern bei der Umsetzung wenig kooperativ. Bis heute wurde dort kein einziger Antrag auf eine Anbaulizenz genehmigt. Antragsteller berichten von hohen bürokratischen Hürden und mangelnder Unterstützung durch die zuständigen Behörden.
Auch im öffentlichen Raum wird die Cannabis-Nutzung in Bayern besonders streng überwacht. Die Polizei kontrolliert verstärkt an Bahnhöfen, auf Rastplätzen und in Städten. Insbesondere bei Personen, die nicht aus Bayern stammen, scheint die Kontrolle häufig besonders gründlich zu sein, ein Eindruck, der durch Berichte von Betroffenen gestützt wird.
Cannabis-Verbraucher als Risiko-Reisende?
Diese harte Linie betrifft nicht nur Einwohnerinnen und Einwohner Bayerns, sondern auch Durchreisende und Urlauber. Wer aus anderen Bundesländern oder dem Ausland kommt und Cannabis konsumiert oder mitführt, selbst im Rahmen der erlaubten Mengen, muss mit Problemen rechnen.
Insbesondere in Ferienzeiten oder zu großen Veranstaltungen sei mit vermehrten Kontrollen zu rechnen. Das sorgt nicht nur für Unsicherheit bei Reisenden, sondern auch für eine rechtliche Grauzone, da das Bundesgesetz eigentlich für ganz Deutschland gelten sollte.
Politische Gründe für den Sonderweg?
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass Bayern das Cannabis-Gesetz besonders restriktiv umsetzen wolle. Das neue Gesetz sei „ein Fehler“, hieß es aus Reihen der Landesregierung. Die bayerische Polizei und Verwaltung folgen dieser politischen Linie offenbar konsequent, zum Missfallen vieler Bürgerinnen und Bürger.
Kritiker sprechen von einer bewussten Blockadehaltung. Die Umsetzung der Gesetzesvorgaben werde absichtlich verzögert oder erschwert. Andere sehen darin ein Signal an die konservative Stammwählerschaft und eine klare Abgrenzung zu den liberaleren Bundesländern.
Einheitlicher Rechtsrahmen – unterschiedliche Lebensrealität
Das Cannabis-Gesetz gilt bundesweit, doch seine Umsetzung ist abhängig von den Landesbehörden. Und hier zeigt Bayern derzeit einen Sonderweg. Während in anderen Regionen ein pragmatischer Umgang gesucht wird, setzt Bayern auf Kontrolle, Verbote und Verzögerung. Für Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet das: Was in Nordrhein-Westfalen oder Berlin erlaubt ist, kann in Bayern zum Problem werden.
Reisende sollten sich daher vor einem Aufenthalt im Freistaat genau über die örtliche Rechtslage informieren. Die rechtliche Realität endet derzeit nicht an der Landesgrenze, aber sie verändert sich dort spürbar.