Seit einem Jahr sind der Besitz, der Erwerb und der Anbau von Cannabis unter bestimmten Auflagen in Deutschland straffrei. Besonders in den Grenzregionen wurde erwartet, dass sich dies auf den Drogenhandel und die Kriminalität auswirken könnte. Doch die bisherigen Beobachtungen zeichnen ein anderes Bild.
Keine merkliche Zunahme bei Drogendelikten
Im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet hatte die Polizei zunächst einen Anstieg von Drogendelikten befürchtet. Chefinspektor Günther Hollin von der Polizei Rohrbach zieht jedoch eine unerwartete Bilanz: „Wir haben bislang keine deutliche Zunahme von Drogendelikten im Straßenverkehr festgestellt.“ Hauptquellen für die Beschaffung von Drogen seien weiterhin das Internet, Tschechien und große Städte wie Linz.
Ein möglicher Grund für die ausbleibende Wirkung auf den Grenzverkehr könnte das Fehlen von Cannabis-Clubs in grenznahen Regionen sein. Diese CSCs, die den legalen Anbau und Konsum von Cannabis für ihre Mitglieder ermöglichen, setzen einen ständigen Wohnsitz in Deutschland voraus.
Somit bleibt der Zugang für nicht in Deutschland ansässige Personen verwehrt.
Polizei bleibt wachsam
Trotz der bislang ruhigen Lage will die Polizei weiterhin konsequent kontrollieren. „Wir behalten die Entwicklung genau im Blick, da sich möglicherweise erst Netzwerke aufbauen,“ betont Hollin. Eine fundierte Einschätzung werde wohl erst in zwei bis drei Jahren möglich sein.
Drogenkonsum bleibt Thema in Grenzregionen
Unabhängig von der Cannabis-Legalisierung bleibt der Drogenkonsum im Bezirk Rohrbach ein präsentes Thema. Insbesondere Jugendliche beginnen immer früher mit dem Konsum: Das Einstiegsalter liegt inzwischen bei 14 bis 15 Jahren. In der Bezirkshauptstadt hat sich eine kleine, aber beständige Drogenszene etabliert. Damit einhergehend sind auch Delikte wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung häufiger geworden.
Neue Trends bei synthetischen Drogen
Während Cannabis nach wie vor die am häufigsten konsumierte Droge ist, bleibt auch der Handel mit synthetischen Drogen ein Problem. Amphetamine aus Tschechien oder dem Darknet sind weiterhin gefragt. Neu hinzu kommt ein steigender Konsum von Ketamin, einem Narkosemittel mit halluzinogener Wirkung. Im Gegensatz dazu scheint Crystal Meth an Popularität zu verlieren. „Ich denke, die Menschen sind sich der extremen Gefahren dieser Droge inzwischen bewusster geworden,“ so Hollin.
Die Entwicklung zeigt, dass die Cannabis-Legalisierung in Deutschland bisher kaum Einfluss auf den Drogenschmuggel und -konsum im Grenzgebiet hat. Die Polizei wird die Lage jedoch weiterhin genau beobachten, um mögliche Veränderungen frühzeitig zu erkennen.