Im Wahlkampf hatte CDU-Chef Friedrich Merz noch angekündigt, die Legalisierung von Cannabis nach einem Wahlsieg rückgängig zu machen. Doch jetzt scheint das Thema in der Union nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste zu stehen. Vor allem die wirtschaftliche Lage und die Sicherheitsdebatte stehen für die Partei aktuell im Mittelpunkt.
Das zeigt sich unter anderem an einer Antwort von Thorsten Frei (CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, auf der Plattform abgeordnetenwatch.de. Er erklärte, dass sich die kommenden Gespräche zeigen würden, ob eine Rücknahme möglich sei – doch die Schwerpunkte der Union lägen woanders. Die zentralen Themen seien derzeit wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, Migration, Sozialstaat und äußere Sicherheit.
Widersprüchliche Signale aus der Union
Trotz dieser relativierenden Äußerungen gibt es innerhalb der Union weiterhin Stimmen, die sich klar gegen die Cannabis-Legalisierung positionieren. CDU-Rechtspolitiker Günter Krings betont, dass seine Partei alles tun werde, um die „negativen Auswirkungen der Cannabislegalisierung zu stoppen, Drogenkriminalität zu bekämpfen und den Jugendschutz zu stärken.“
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Tino Sorge, hält das Gesetz der Ampel für „einen gefährlichen Irrweg“, der rückgängig gemacht werden müsse. Er verweist auf Studien aus Kanada, die nach der dortigen Legalisierung einen Anstieg von Psychosen zeigen. Gleichzeitig betont er aber, dass die Versorgung von Patienten mit Medizinalcannabis weiterhin gewährleistet bleiben müsse.
SPD wohl kaum zu Rücknahme bereit
Ob die Union mit ihren Plänen Erfolg hätte, bleibt fraglich. Innerhalb der SPD gibt es zwar Legalisierungs-Skeptiker, aber die Partei dürfte kaum ein Gesetz kippen, das von ihrem eigenen Gesundheitsminister erarbeitet wurde. Experten gehen eher von einem Kompromiss aus, der den Status quo erst einmal unangetastet lässt.
Ein Schlüsselpunkt dabei ist die vorgesehene Evaluierung des Gesetzes. Bereits in 18 Monaten – also bis Oktober 2025 – wird ein erster Bericht über die Auswirkungen der Legalisierung erwartet. Ein vollständiger Abschluss der Evaluierung ist für vier Jahre nach Inkrafttreten geplant. Bis dahin könnte die Union das Thema auf Eis legen.
Polizei und Justiz mit geteilten Meinungen
Während die Ampelkoalition unter anderem mit der Entlastung der Polizei argumentierte, sehen einige Polizeivertreter dies anders. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) berichtet, dass der Kontrollaufwand durch neue Vorschriften gestiegen sei, etwa durch Überwachungen von Konsumverboten oder verstärkte Kontrollen im Straßenverkehr. Auch die Bekämpfung des Schwarzmarktes sei schwieriger geworden, weil die Nachfrage nach Cannabis gestiegen sei.
Trotzdem hält die neue Richtervereinigung (NRV) eine Rücknahme des Gesetzes für problematisch. Sie warnt davor, dass dies zu Entschädigungsansprüchen von Cannabis-Clubs führen könnte, da Lizenzen für sieben Jahre vergeben wurden. Staatsanwalt Simon Pschorr betont zudem, dass das Gesetz die Justiz bereits spürbar entlastet habe. Ein Rückschritt würde bedeuten, dass sich Gerichte wieder mit zahlreichen Verfahren gegen Konsumenten beschäftigen müssten.
Modellprojekte als mögliche Lösung?
Eine Alternative zur aktuellen Regelung könnte der kontrollierte Verkauf in staatlich überwachten Fachgeschäften sein. In einigen Städten wie Hannover, Münster, Köln, Düsseldorf und Frankfurt laufen bereits Planungen für Modellprojekte, bei denen registrierte Konsumenten in lizenzierten Abgabestellen Cannabis erwerben können. Dies könnte helfen, den Schwarzmarkt weiter einzudämmen und den Staat von zusätzlichen Steuereinnahmen profitieren zu lassen.
Fazit: Abwarten und Evaluieren
Ob die Union die Cannabis-Legalisierung tatsächlich kippen kann, ist ungewiss. Während einige CDU-Politiker weiterhin Druck machen, rücken andere das Thema in den Hintergrund. Entscheidend dürfte die erste Evaluierung des Gesetzes im Oktober 2025 sein. Bis dahin bleibt es bei der aktuellen Regelung – und möglicherweise auch darüber hinaus.