René Repasi, ein erfahrener SPD-Politiker und Mitglied des Europäischen Parlaments, hat sich klar zur Zukunft des Cannabis-Gesetzes (CanG) positioniert. Er verspricht, dass die SPD das Gesetz nicht zurücknehmen wird, sollte sie an einer neuen Bundesregierung beteiligt sein. Doch nicht nur in Deutschland, auch auf europäischer Ebene muss sich etwas ändern. Denn eine vollständige Legalisierung auf nationaler Ebene könnte ohne eine Anpassung der EU-Regeln vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern.
SPD bleibt beim CanG – trotz anfänglicher Unsicherheiten
In der Cannabis-Branche gab es nach dem ersten Entwurf des SPD-Wahlprogramms Verunsicherung. Dort wurde das CanG nämlich gar nicht erwähnt. Manche befürchteten sogar, dass eine zukünftige Koalition mit der CDU das Gesetz wieder kippen könnte.
Doch Repasi stellt klar: Das war nie die Absicht. Vielmehr habe die SPD immer nach dem Grundsatz gehandelt, dass sie zu früheren Entscheidungen steht. Als an anderer Stelle jedoch von diesem Prinzip abgewichen wurde, sei es einfacher gewesen, eine klare Haltung zur Cannabis-Regulierung ins Wahlprogramm aufzunehmen.
Er betont: „Das CanG steht nicht zur Debatte. Es wird garantiert in Koalitionsverhandlungen eines der zentralen Themen sein.“
Rücknahme des Gesetzes wäre rechtlich kaum möglich
Repasi, der früher als Professor für Europarecht tätig war, sieht auch rechtliche Hürden für eine Rücknahme des Gesetzes. Denn es gibt Verträge, die abgeschlossen wurden, und in Deutschland gilt der sogenannte Bestands- und Vertrauensschutz. Das bedeutet, dass genehmigte Cannabis-Clubs nicht einfach wieder geschlossen werden können. Eine rückwirkende Änderung wäre mit dem deutschen Recht kaum vereinbar und würde vor Gericht wahrscheinlich keinen Bestand haben.
Auch eine stärkere Einschränkung des Gesetzes wäre schwierig. Denn wenn man das CanG wirklich drastisch verschärfen wollte, müsste man es nahezu komplett umschreiben. Doch das ist aus politischer Sicht unwahrscheinlich, weil eine radikale Lösung in der Praxis kaum durchsetzbar wäre. „Im Wahlkampf klingen manche Aussagen anders als später in der Realität“, sagt Repasi.
Europa muss nachziehen – Änderungen im EU-Recht nötig
Während Deutschland bei der Cannabis-Legalisierung bereits vorangeht, sind die EU-Regeln noch nicht so weit. Laut Repasi „atmet das europäische Recht noch den Geist des 20. Jahrhunderts“. Ein Problem sei der sogenannte Rahmenbeschluss von 2004, der eine vollständige Legalisierung in EU-Ländern verhindert.
Doch es gibt Hoffnung: Die EU-Kommission prüft aktuell eine mögliche Anpassung dieser Regeln. Repasi hält es für realistisch, dass sich ab dem zweiten Quartal 2026 Bewegung in der Sache ergibt. Dafür müsse Deutschland aber weiterhin als Vorbild dienen und sich aktiv in die Debatte einbringen.
Wie könnte eine Lösung auf EU-Ebene aussehen?
Eine europaweite Legalisierung ist aktuell nicht in Sicht. Dafür fehlen die Mehrheiten im Rat der EU, also unter den Regierungen der Mitgliedstaaten. Viele Länder haben Cannabis noch nicht entkriminalisiert oder stehen dem Thema skeptisch gegenüber. Eine qualifizierte Mehrheit für eine vollständige Legalisierung ist daher noch in weiter Ferne.
Repasi schlägt deshalb eine pragmatische Lösung vor: Statt alle Länder zur Legalisierung zu zwingen, könnte der Rahmenbeschluss so geändert werden, dass es den einzelnen Staaten freigestellt wird, ob sie Cannabis legalisieren wollen oder nicht. Eine solche Klausel hätte eine größere Chance, eine politische Mehrheit zu finden. „Wir könnten so eine Mehrheit gewinnen, weil wir anderen Ländern nichts aufzwingen“, erklärt er.
Ungewisse Mehrheiten im EU-Parlament – Testlauf als Strategie
Ob eine solche Regelung im Europäischen Parlament durchkäme, ist allerdings schwer zu sagen. Denn die Haltung zu Cannabis ist dort nicht nur zwischen den Parteien unterschiedlich, sondern variiert auch je nach Herkunftsland der Abgeordneten. Befürworter gibt es sowohl unter linken als auch unter rechten Politikern, aber eine stabile Mehrheit ist nicht garantiert.
Um ein Scheitern zu vermeiden, schlägt Repasi vor, zunächst eine Art Testlauf zu machen. So könnte eine unverbindliche Abstimmung zeigen, ob es im Parlament genug Unterstützung für eine solche Änderung gibt. Falls ja, hätte auch die EU-Kommission mehr Sicherheit, um den Prozess offiziell anzustoßen. Denn eines ist klar: Sollte eine Abstimmung über eine Lockerung des Cannabis-Verbots scheitern, wäre das Thema für lange Zeit vom Tisch.
Fazit: Deutschland als Vorreiter für Europa
Die Bundestagswahl 2025 könnte nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa eine wichtige Weichenstellung in der Cannabis-Politik sein. Die SPD bleibt klar bei ihrem Kurs: Das CanG bleibt bestehen. Gleichzeitig muss Deutschland auf EU-Ebene Druck machen, damit eine Anpassung der europäischen Gesetze möglich wird. Nur so kann langfristig eine rechtssichere Legalisierung erreicht werden. Der Weg dahin ist schwierig, aber nicht unmöglich – und Deutschland spielt dabei eine Schlüsselrolle.